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OLG Stuttgart verwirft Berufung von Radiologen in 2 Verfahren gegen die SLK-Kliniken Heilbronn als unzulässig

Datum: 01.08.2019

Kurzbeschreibung: 

OLG Stuttgart verwirft Berufung von Radiologen in 2 Verfahren gegen die SLK-Kliniken Heilbronn als unzulässig

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz der Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts Agnes Aderhold hat mit zwei heutigen Urteilen jeweils die Berufungen von u.a. in Räumlichkeiten der SLK-Kliniken Heilbronn GmbH tätigen Ärzten für Radiologie als unzulässig verworfen.

Den erstinstanzlich beim Landgericht Heilbronn geführten Verfahren liegt zugrunde, dass die Parteien bis zur Schließung des Krankenhauses in Brackenheim zum Betrieb einer Radiologie auf der Grundlage eines Miet- und eines Kooperationsvertrages mit Laufzeit bis 2025 zusammenarbeiteten. Die im einen Verfahren beklagten Kliniken kündigten den Kooperationsvertrag ordentlich und fristlos im Juli 2017 wegen vorgeblicher Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung. Im September 2017 folgte die Schließung des Krankenhauses. Die Ärzte für Radiologie machten daher u.a. Schadensersatzansprüche aufgrund der Vertragskündigung geltend. Das Landgericht hatte die Klage sowie eine Räumungswiderklage der SLK-Kliniken jeweils als unbegründet abgewiesen.

Im zweiten vom Oberlandesgericht entschiedenen Verfahren wurden die in den Räum-lichkeiten der SLK-Kliniken in Bad Friedrichshall eine ambulante Radiologiepraxis betreibenden
Ärzte erstinstanzlich zur Zahlung von 125.000 € und Herausgabe von Räumen verurteilt. Auch in diesem Verfahren haben die dort beklagten Ärzte Berufung eingelegt.
In beiden Berufungsverfahren führten die Kontrahenten ein außergerichtliches Mediati-onsverfahren durch. Daher ordnete der Berufungssenat auf Antrag der Parteien im Dezember 2018 das Ruhen beider Verfahren an. Ebenfalls im Dezember 2018 liefen die bereits verlängerten Berufungsbegründungsfristen der Radiologen in den Verfahren ab. Dies wurde der Prozessbevollmächtigten der Ärzte auf ihre telefonische Rückfrage vom 18.01.2019 von der Senatsvorsitzenden mitgeteilt.

Am 22.01.2019 legten die Berufungskläger einen vom 08.12.2018 datierenden Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfristen in beiden Verfahren vor und stellten hilfsweise einen Wiedereinsetzungsantrag wegen der Fristversäumung. Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben zur Frage des fristgerechten Abschickens eines Verlängerungsantrags durch Vernehmung der Prozessbevollmächtigten der Radiologen als Zeugen.

Mit der Verwerfungsentscheidung in beiden Verfahren stellte der Senat fest, dass die Berufungskläger ihre Berufung nicht fristgerecht begründet haben. Das jeweils angeordnete Ruhen des Verfahrens hatte gemäß §§ 251 Satz 2, 233 Zivilprozessordnung keinen Einfluss auf den Lauf der Berufungsbegründungsfrist, die mangels fristgerechten Verlängerungsantrags jeweils abgelaufen war. Die Rechtsanwälte der Radiologen konnten auch die rechtzeitige Aufgabe eines Verlängerungsantrags zur Post nicht glaubhaft machen. Vielmehr sah der Senat auch nach der Zeugenvernehmung nicht ausräumbare Zweifel darin, dass die Prozessbevollmächtigten tatsächlich in den Verfahren jeweils Verlängerungsanträge zur Post gegeben haben. Insoweit sei insbesondere das Telefonat der Klägervertreterin am 18.01.2019 widersprüchlich gewesen, die sich im Hinblick auf den mitgeteilten Ablauf der Berufungsbegründungsfrist sehr emotional geäußert habe.

Nach der BGH-Rechtsprechung liege auch im Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens kein stillschweigender Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.
Das schuldhafte Versäumnis der Fristeinhaltung führte daher zur Unzulässigkeit der Berufungen in beiden Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von bis zu 740.000,-- €.

Eine Revision wurde vom Senat nicht zugelassen. Dagegen ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eröffnet.

Aktenzeichen:
LG Heilbronn:  Aß 2 O 240/17 Urteil vom 6.9.2018 und 25.10.2018
                      Aß 2 O 104/18 Urteil vom 6.9.2018

OLG Stuttgart: 14 U 72/18 und 14 U 70/18 Urteile vom 1.8.2019


Relevante Vorschriften:


Zivilprozessordnung
§ 520 Berufungsbegründung
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) 1Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. 2Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. 3Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

§ 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss
(1) 1Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. 2Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

§ 251 Ruhen des Verfahrens
1Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. 2Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

§ 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
1War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

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