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Staatsschutzverfahren gegen ein mutmaßliches Mitglied der „Jabhat al-Nusra“

Datum: 10.03.2017

Kurzbeschreibung: 

Mit Beschluss vom 7. März 2017 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart das Hauptverfahren gegen einen 25-jährigen syrischen Staatsangehörigen eröffnet, gegen den die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart am 24. Januar 2017 Anklage erhoben hat. Ein Verhandlungstermin ist noch nicht bestimmt, da der Angeklagte derzeit nicht verhandlungsfähig ist.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, sich (mindestens) zwischen September 2013 und Mai 2014 in Syrien an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Jabhat al-Nusra“ beteiligt zu haben. Konkret wird ihm zur Last gelegt, in zwei Fällen an bewaffneten
Kampfeinsätzen gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ („IS“ bzw. zuvor „ISIG“) teilgenommen zu haben. Zudem soll er in weiteren sechs Fällen Wacheinsätze ausgeführt haben, bei denen er jeweils mit einem voll- oder halbautomatischen Maschinengewehr sowie in einem Fall zusätzlich mit einer Handgranate bewaffnet war. In einem weiteren Fall soll er schließlich im Auftrag der Vereinigung Gasflaschen an die Bevölkerung einer Stadt in Syrien verteilt haben. Angeklagt sind diese Taten als neun Verbrechen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 129b Abs. 1 Satz 1 StGB), davon in acht Fällen in Tateinheit mit Verbrechen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG i.V.m. Anlage Teil B, Abschnitt V. Nr. 29 c), d) und Abschnitt VII. Nr. 46 der Kriegswaffenliste).

Der Angeklagte befindet sich aufgrund eines Haftbefehls des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 seit 19. September 2016 in Untersuchungshaft. Seit 12. Januar 2017 verweigert er die Nahrungsaufnahme. Er wurde am 19. Januar 2017 in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg verlegt und wird seit 26. Januar 2017 über Infusionen versorgt. Eine Zwangsernährung des Angeklagten ist für den Fall betreuungsrechtlich genehmigt, dass er nicht mehr ansprechbar sein sollte.

Mit Beschluss vom 7. März 2017 hat der 3. Strafsenat das Hauptverfahren im Umfang der Anklage eröffnet sowie einen neuen Haftbefehl im Umfang der Anklage erlassen. Anträge des Verteidigers auf vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 205 StPO und auf Außervollzugsetzung des Haftbefehls hat der Senat abgelehnt. Einen Termin zur Hauptverhandlung hat der Senat derzeit noch nicht bestimmt; er wird die Vernehmungs- und Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten fortlaufend überprüfen lassen.

Bis spätestens 19. März 2017 sind die Akten dem Bundesgerichtshof zur turnusgemäßen Sechs-Monats-Haftprüfung vorzulegen.

 

Aktenzeichen

3-34 OJs 10/16 - Oberlandesgericht Stuttgart

34 OJs 10/16 - Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart
 

Relevante Normen:

§ 129a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) – Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

  1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
  2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.


§ 129b Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) – Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland

Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

 

§ 22a Abs. 1 Nr. 6 Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKonrG)

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

6. über Kriegswaffen sonst die tatsächliche Gewalt ausübt, ohne dass

a) der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach diesem Gesetz beruht oder

b) eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a erstattet worden ist …

 

§ 205 Strafprozessordnung (StPO) – Einstellung des Verfahrens bei vorübergehenden Hindernissen

Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so kann das Gericht das Verfahren durch Beschluß vorläufig einstellen. Der Vorsitzende sichert, soweit nötig, die Beweise.

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