Navigation überspringen

Hauptverhandlung in einem Staatsschutzverfahren wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung („Islamischer Staat“) u. a.

Datum: 14.11.2018

Kurzbeschreibung: 



Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart verhandelt ab

Dienstag, 20. November 2018, 9.00 Uhr
im Saal 3 des Oberlandesgerichts Stuttgart,

Olgastraße 2, 70182 Stuttgart

 

unter dem Vorsitz von Hartmut Schnelle ein Staatsschutzverfahren gegen einen 18-jährigen irakischen Staatsangehörigen, dem vorgeworfen wird, sich als Jugendlicher mit strafrechtlicher Verantwortungsreife im Irak an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) als Mitglied beteiligt und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben. Weiter wird ihm im Zuge der Beteiligung an Kampfhandlungen für den IS gemeinschaftlich versuchter Totschlag, gemeinschaftlicher Totschlag und Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion zur Last gelegt.

Der Angeklagte soll sich in Mossul/Irak Anfang Oktober 2014 nach Vollendung seines 14. Lebensjahres dem IS angeschlossen haben. Nach ideologischer Unterweisung und paramilitärischer Schulung in einem Ausbildungslager des IS soll er Stellungen des IS für Kampfhandlungen vorbereitet und Wachdienste geleistet haben. Als es im Sommer 2015 zwischen dem IS und der irakischen Armee zu Kämpfen um die irakische Stadt Baidschi kam, soll er einem Kampfverband des IS zugewiesen worden sein, mit dem er sich an den dortigen Kampfhandlungen, u. a. Schießen auf und Töten von Soldaten der irakischen Armee und Sprengung einer Moschee, beteiligt haben soll. Während seiner Betätigung für den IS habe er mehrmals Kriegswaffen vom Typ „Kalaschnikow“ verwendet, ohne jeweils im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis zu sein.

Nach den Kampfhandlungen in Baidschi sollen dem Angeschuldigten Zweifel an der Zielsetzung des IS gekommen sein und, weil er sich nicht weiter für den IS betätigen wollte, habe er ihn im September 2015 verlassen. Über die Türkei und die Balkanroute floh er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er im Februar 2016 ankam. Der Angeklagte wurde am 6. Juni 2018 festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungshaft (vgl. Medieninformation der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 24. Oktober 2018, hier).

Mit Beschluss vom 7. November 2018 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 2. Oktober 2018 zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.

Der Haftbefehl blieb aufrechterhalten und in Vollzug. Der Senat wird in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt sein. Weitere Verhandlungstermine sind angesetzt für:

Donnerstag, den 22.11.2018

Dienstag, den 11.12.2018

Donnerstag, den 13.12.2018

Dienstag, den 18.12.2018

Donnerstag, den 20.12.2018

Dienstag, den 08.01.2019

Donnerstag, den 10.01.2019

Dienstag, den 15.01.2019

Donnerstag, den 17.01.2019,

 jeweils 9:00 Uhr

im Saal 3 des Oberlandesgerichts Stuttgart,

Olgastraße 2, 70182 Stuttgart



Aktenzeichen


3 -  33 OJs 42/18 – Oberlandesgericht Stuttgart

33 OJs 42/18 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart



Relevante Normen (Auszug):



§ 129a Abs. 1 und Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) – Bildung terroristischer Vereinigungen:

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder …

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, …

2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,

4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder …

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.


§ 129b Abs. 1 StGB – Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland:

Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

 

§ 212  StGB - Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

 

§ 308 StGB - Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

§ 22a Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

6.über Kriegswaffen sonst die tatsächliche Gewalt ausübt, ohne dass

a) der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach diesem Gesetz beruht

  

§ 23 StGB - Strafbarkeit des Versuchs

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, dass der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

 

§ 27 StGB - Beihilfe

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

 

§ 1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) - Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

 

§ 3 JGG - Verantwortlichkeit

Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.

 

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.